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Ich weiß nicht wie lange ich gelaufen war. Weiter und immer weiter war ich gerannt, ohne auch nur auf die Richtung zu achten in die ich lief. Worauf ich allerdings achtete, war, dass ich jedem menschlichen lebenden Herzen aus dem Weg ging. Dies war mir so sehr zur Natur geworden, dass ich es automatisch tat, ohne darüber nachdenken zu müssen. Ich schützte unsere Existenz. Ich hütete das Geheimnis, ich achtete die Gesetzte der Volturi, wie kein zweiter. Niemand unter den Lebenden hatte mich bemerkt, hatte bemerkt wie ich unter dem Mond rannte. So schnell rannte, dass ihre Augen mich ohnehin kaum wahrgenommen hätten. Nichts als ein Schatten…ein Gespenst, wäre ich für sie gewesen. Mir schauderte bei diesem Gedanken. °Ein Gespenst.° Nun hielt ich an und wurde dem Ort gewahr, an dem ich mich befand. °Rom!° Vor mir lag Rom, ausgerechnet Rom. Da stand ich…barfuss in einem dünnen grauen Kleidchen…und vor mir…Rom. Und hinter mir? Die Sünde. Hinter mir? Nein, als könne man die Sünde zurücklassen, in meinem Herzen trug ich sie, bei mir für Alle Zeit, die Sünde, die allergrößte Sünde. Und als ich so stand und auf Rom hinunter blickte, da wusste ich, dass ich den Kampf verloren hatte…für immer. Ich wollte nicht mehr kämpfen! Ich wollte nicht! Oh weh mir, es war zu spät, zu spät. Ich hatte vom Apfel der Erkenntnis gegessen. Hatte davon gegessen, gierig! Und tief in meinem Herzen, in meiner Seele verlangte es mich nach mehr! Was würde jetzt aus mir werden? Würde mein Gott mich aus dem Paradies verbannen, so wie es der Gott der Christen mit Eva getan hatte? Aber nein, Aro…brauchte mich, Aro …wollte mich. Das war doch so? Er zumindest würde mich doch noch wollen? Ah…mein Gott musste mich auch gar nicht verbannen, die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ich selbst, ich selbst hatte das getan. Ich selbst hatte mich aus meinem Paradies geworfen…hatte dafür gesorgt, dass Alec mich sicher, ja ganz sicher nicht mehr bei sich haben wollte. Mein Paradies…Alec…dahin.
Und der Mond schien immer noch still auf mich hinunter als ich, in menschlicher Geschwindigkeit…wie ein Geist, ein Gespenst…ziellos durch Rom lief.
Plötzlich wie aus dem Nichts tauchte sie vor mir auf, eingehüllt in weißes Mondlicht! So als hätte jemand sie…angestrahlt. Eben noch war eine Wolke vor dem Mond und jetzt riss der Himmel auf und tauchte sie in schimmerndes kaltes Licht, so dass ich sie sehen musste. Die Kirche in dem Stadtteil an Rande Roms. Ich blieb stehen, wie vom Blitz getroffen und starrte sie hasserfüllt an. Das Feuer in meinem Herzen loderte auf, trieb die sich ausbreitende Kältnis zurück. Da war sie die Christenkirche!
"Das mag ein wenig weh tun."

Ich drückte die Türklinge und mit einem lauten Knarren öffnete sich die Tür, gewährte mir Einlass die in heilige Halle des Gottes der Christen. Lautlos betrat ich die Kirche und ließ die Tür hinter mir ins Schloss fallen. Augenblicklich umfing mich der Geruch von moderndem altem Holz, Staub und Weihrauch. Ein erbärmlicher Gestank, doch sehr passend für das Haus eines erbärmlichen Gottes. Angeekelt rümpfte ich die Nase, als ich nach einem Kerzenständer griff und diesen umgedreht über den Türgriff legte. Die, sich nach außen öffnende Tür war somit verschlossen. Niemand würde die Kirche betreten können. Ich wollte ungestört sein bei dem was jetzt kam, auch wenn ich selbst noch nicht ganz wusste, was genau jetzt kommen würde. Ich hatte gesündigt! Und schlimmer noch, mein Herz, meine Seele schrie nach noch mehr Sünde. Mehr! Und gleichzeitig suchte ich nach…Absolution…nach Vergebung…nach Erlösung. Mein Kopf war voller Fragen…ich wollte Antworten. Leicht hatte ich meinen Kopf schief gelegt, als ich dem Geräusch folgte, welches mich überhaupt hier hinein getrieben hatte. Dem feuchten saftigen Pochen eines Herzens. Der Abendgottesdienst war gewiss schon einen Weile zu Ende und die Kirche selbst war …menschenleer. Doch ertönte das Pochen aus einem angrenzenden Raum, der Sakristei vermutlich. Barfuss eilte ich den Mittelgang entlang, als mir ein älterer Mann im Gewand eines Priesters entgegenkam. Ich sah, wie sich seine Augen weiteten als er meiner gewahr wurde. Ein Lächeln umspielte meine Lippen, wusste ich doch er dachte, er sähe einen Engel…einen Engel in Not…einen gefallenen Engel vielleicht. Schon bald würde er klarer sehen. –Kind, mein liebes Kind was führt Dich so allein zu solch später Stunde in das Haus Gottes? - „Vater vergib mir, ich habe gesündigt.“ Unzählige Male hatte ich zu Lebzeiten diesen Satz gesagt. Wie oft hatte Mutter uns in die Kirche zur Beichte geschleift. Weh mir, wie oft? Der Priester nickte, bemüht verständig zu wirken, und legt seine Hand auf mein blondes Haar. Es kostete mich unendlich viel Kraft seine fetten stinkenden Finger nicht sofort von mir zu schlagen. Wie konnte er es wagen mich anzufassen! Mühsam beherrschte ich mich, wich einen Schritt vor ihm zurück und blickte zu Boden, damit der Ekel in meinem Gesicht nicht sah. –Sprich Kind, fürchte Dich nicht, Gott hat ein offenes Ohr für Deine Sorgen.- Ich hob meinen Blick und sah ihm ins Gesicht, als ich sprach. „Vater ich begehre meinen Bruder, wie einen Mann. Ich liebe ihn, liebe ihn über alle Maßen, lieben ihn als…Mann. Ich hab ihn geküsst, auf seinen Mund…immer und immer wieder…ich will ihn, will ihn ganz. Will ihn ganz spüren. Ich habe gesündigt.“ Nun war er es, der vor mir zurückwich und mich anstarrte. Oh ja, den Blick kannte ich, ich hatte ihn schon gesehen. Auf Mutters Gesicht und auf dem Gesicht des Priesters…damals…aber auf Alecs Gesicht hatte ich ihn heute nicht gesehen…es war der Blick, den man einer teuflischen Schlange schenkt. Ich war Eva und ich war die Schlange. –Kind, das ist wirklich…- offensichtlich fehlten ihm die Worte, ich half ihm aus, vollendete seinen Satz. „Sünde, die allergrößte Sünde, ich…weiß.“ Er nickte schwach, Entsetzen im Blick. „Du musst dagegen ankämpfen Kind. Gott wird Dir helfen, dich von den lasterhaften Gedanken zu befreien. Wenn Du zu Gott betest…- „Nein, ihr versteht nicht, ich will nicht dagegen ankämpfen, viel zu lange schon, habe ich das getan. Viel zu lange schon dürste ich…nach ihm, meinem Bruder. Viel zu lange schon…warte ich auf …Heilung. Ich will nicht, will nicht länger widerstehen!“ Meine Stimme wurde langsam schriller, höher und ich machte einen Schritt auf den Priester zu. „Ich will meinen Bruder! Will seine Lippen auf Meinen spüren, will ihn schmecken mit allen Sinnen. Will seine nackte Haut auf Meiner! Ich will eins sein mit ihm EINS!“ Er bekreuzigte sich, als er erkannte, dass er einen Dämon vor sich hatte. –Kind, Kind das darf nicht sein, sprich nicht so im Haus Gottes.- „Warum? Warum darf es nicht sein, WARUM? Warum ist Liebe Sünde, warum…immer, und immer wieder sagt ihr das, ihr Priester. Sünde, Sünde, Sünde, nichts als Sünde…ich will…Erlösung, Vergebung…ich will…dass es KEINE Sünde ist! Warum…warum ist es das…SPRECHT!“ Und wieder hörte ich einen Priester stammeln von Inzest…von dem Verbot dass Bruder und Schwester sich so lieben wie Mann und Frau…von kranken Kindern, die aus so etwas hervorgehen, als Strafe Gottes. Er bemühte sich, er bemühte sich redlich es mir zu erklären…aber wieder sagten mir die Worte nichts, bedeutete es mir nichts…es beantwortete meine Fragen nicht…irgendetwas war da…ein Geheimnis…welches ich ergründen musste. Etwas hatte ich übersehen. „Das ist nur leeres Geschwafel, Priester! Euer Gott will uns nur quälen, er will dass wir brennen, BRENNEN! Er hasst Alle Liebenden…immer, immer ist es Sünde! Er mag es wenn die Menschen leiden, das war schon vom Anbeginn der Zeit an so.“ Ich redete mich in Rasche, fuchtelte mit meinen Händen vor ihm herum und ich wusste, dass es in meinem Blick flackerte, ja loderte. „Adam und Eva schon hat er verdammt…schon vor dem Apfel der Erkenntnis! Eva war ein Teil Adams, sie waren ein Körper, ein Fleisch und Blut, sie waren eins…untrennbar…aber ER hat sie auseinander gerissen. Warum, Warum hat er ihnen das angetan? Getrennt hat er was immer hätte eins sein sollen…auf ewig. Auseinander gerissen! Warum? Damit sie leiden…sich sehen nacheinander…dürsten nacheinander…damit sie brennen…brennen vor Verlangen. Sie waren eins. Er hätte Adam eine andere Frau machen können…eine eigenständige…er hätte Adam …heil lassen können, heil…ABER DAS HAT ER NICHT! Er hat sie auseinander gerissen! Adam und Eva…ein Körper, ein Fleisch und …Blut.“ Ich erstarrte! Adam und Eva waren ein Körper gewesen, einer. Gott hatte Eva aus Adams Rippe gemacht…sie entstammten einem…Leib. Machte sie das nicht zu…Geschwistern? Mehr noch…zu Zwillingen! Da war es das dunkle Geheimnis, des Gottes der Christen! Adam und Eva waren…Zwillinge. Ich war Eva. Alec war Adam. Und der Apfel, der Apfel der Erkenntnis? Ihre Liebe? Ihr Trachten nach Heilung, nach Einheit. Welch ein bösartiger missgünstiger Gott! Ich erwachte aus meiner Starre und brüllte auf. „LÜGE! ALLES LÜGE! LÜGE!“ Der Priester war, in seinem Bestreben dem Teufel, dem Dämon zu entkommen, an mir vorbeigeeilt Richtung Tür. Sein Gang hatte etwas watschelndes…entenhaftes. Böser Fehler. Ich war noch nicht fertig…lange noch war ich nicht fertig. Ich fing gerade erst an!
"Das mag ein wenig weh tun."

Ich hatte ihn an das große Kreuz gebunden und hockte auf dem Altar, ihn anstarrend wie eine hungrige…Harpyie. Wir waren alleine mit dem Mond. Eine ganze Weile schon starrte ich ihn an und als er endlich merkte, dass sein Schreien im nichts half, als er endlich mal schwieg und Stille uns umfing, da sang ich mit glockenheller Engelsstimme. „Damit Ihr wisst wie es ist in der Hölle zu sein, damit Ihr wisst wie es ist um Erlösung zu schreien. Nur deshalb komm ich zurück, mit flammendem Blick und verbrenne Eure schöne heile Welt. Damit Ihr wisst wie es ist in der Hölle zu sein, damit Ihr wisst wie es ist um Erlösung zu schreien. Nur deshalb °Eins…° komm ich zurück, °Zwei…° mit flammendem Blick…“ °Drei!° Wie immer hatte ich im Stillen bis –Drei- gezählt ehe ich dem Priester meine Gabe…schenkte. Ich ließ ihn brennen, brennen. Gab ihm zurück, was ich vor so lange Zeit von seinem Gott erhalten. Feuer! Schmerz! Leid! Den Geschmack der Hölle. Er schrie, weil sie immer schrieen, wenn mein Spiel begann. Immer! So schwach, so erbärmlich! Lange ließ ich ihn brennen weidete mich an seinem Anblick, an seinen Schreien. Musik…pure Musik in meinen Ohren. „Damit Ihr wisst wie es ist in der Hölle zu sein, damit Ihr wisst wie es ist um Erlösung zu schreien. Nur deshalb komm ich zurück, mit flammendem Blick und verbrenne Eure schöne heile Welt.“ Ach, ein wenig wehmütig nahm ich dann meine Gabe von ihm. Er sollte mich noch hören können, sollte mir noch antworten können. Noch. „Ihr habt gelogen, all die Jahrhunderte lang, habt ihr gelogen. Adam und Eva waren wie Geschwister, von einem Leib. Und Euer widerlicher Gott hat das so gewollt. Er hat sie getrennt…füreinander gemacht…doch getrennt…er hat es so gewollt…doch als sie erkannten wie sehr sie sich brauchten, als sie danach trachteten wieder ein Körper zu sein…als sie verschmelzen wollten mit allen Sinnen, da hat er sie verdammt. Der Apfel der Erkenntnis, war nichts weiter als ihre Liebe zu einander, ihr Verlangen zueinander.“ Meine Stimme bekam einen tadelnden Unterton. „Ihr habt gelogen.“ Langsam erhob ich mich, stand barfuss auf dem Altar. Jetzt, jetzt konnte ich ihm in die Augen sehen und wenn ich mich leicht vorbeugte konnte ich ihn berühren. „Ich will…Vergebung für meine Sünden Priester. Ich will Euren Segen…vielleicht, vielleicht vergebe ich Euch dann auch Eure Schuld.“ Ich Lachte und das Echo meines Lachens hallte durch die Kirche. –Ja, ja…bitte…wenn Ihr bereut wird Gott Euch vergeben…alles vergeben. Ich vergebe Euch…Ich vergebe Euch…nur bitte, bitte lasst mich gehen…ich vergebe Euch alles…alles.- Das war erbärmlich! „ICH BEREUE aber NICHTS! NICHTS! Und ich…vergebe auch nichts.“ Meine Hand, eine liebliche Klaue mit messerscharfen Fingernägeln, zerfetzte sein Gewand, sein Hemd und seine Haut. Tief schnitt ich ihm ins Fleisch über seiner Brust. Fünf rote Rinnsaale flossen hinab, färbten alles blutrot durchtränkten sein Gewand…und berauschten meine Sinne. In meiner Kehle brannte es…doch ich widerstand. Diesem Verlangen konnte ich widerstehen, einem Anderem war ich hoffnungslos…erlegen. „Ich will, dass die Sünde mich befreit Priester, befreit von allem Schmerz, von aller Qual. Versteht ihr denn nicht…meine Seele möchte trinken aus der Seinen, durch alle Sinne. Dürstet nach ihr wie die Erde in sengender Hitze nach dem leisen Lied und dem sanften Fall des Regens. Doch ich sitze hier, in einem schwelenden Feuer des Schmerzes, Einsam Hier! Seht Ihr das nicht? Und der Wind im Walde trauert und ich höre meinen Kummer zwischen den Blättern schluchzen. Habt ihr denn kein Mitgefühl, Priester? Ich will…Erlösung, Vergebung…aufrichtige Vergebung…ich will, dass Ihr versteht was Euer Gott Adam und Eva angetan hat. Ich bin Eva und ich will, dass ihr bereut…bereut. Ich will, dass Ihr MEINEN Schmerz fühlt, mein Leid…mein Feuer…°Eins…° Ich will…°Zwei…°, dass Ihr, der Erbarmungslosigkeit und Grausamkeit Eures Gottes gewahr werdet…“ °Drei° Wieder brannte er, wieder schrei er…wieder schwafelte er…sinnfreies Geschwätz eines sterbenden Menschens. Aber das war mir nicht genug! Es war nicht genug! Ich wollte Reue, Vergebung…ich wollte…dass er erkannte…ich wollte sehen, wie sein Glauben zerbrach, wie er ihn…verlor, wie er …verbrannte, zerrann…wie Blut zerrann. Es war nicht genug! Und der Mond, der Mond schien still durch die bunten Fenster.
"Das mag ein wenig weh tun."

Ich hatte mir Zeit gelassen, viel Zeit. Warum auch nicht, ich hatte die Ewigkeit. Ihm hingegen blieben nur noch wenige Augenblicke. Genau genommen hatte sein Leben geendet, als die Kirchentür hinter mir ins Schloss fiel. Ich hatte nichts übrig gelassen, mein Spiel war fast zu Ende. Fast. Nichts war mehr übrig von ihm, als ein Schatten an der Wand, ein Schatten seiner selbst. Sein Körper blutete aus unzähligen Wunden. Immer und immer wieder hatte ich mit meinen Fingernägeln tief in sein Fleisch geschnitten Tief, so tief. Rinnsaale von Blut. Eine dunkle Pfütze zu seinen Füßen. Blut. „Ihr habt gelogen, so viele Lügen! Ihr habt Euch versündigt, all die…Jahrhunderte.“ Was kümmerte es mich, dass der Priester nur fünf Dekaden zählte? Ich ließ ihn MEINEN Schmerz der Jahrhunderte spüren, Mein Leid, all mein Leid. Ich hatte ihm jeden Knochen in seinen Händen und in seinen Beinen gebrochen. Jeden, nach und nach. Knochen für Knochen. „Kommt Ihr mit mir heut Nacht, Priester? Kommt…ich zeige Euch Wahrheiten, weit über Eurem Verstand…Wahrheiten die Eure Seele brennen lassen. Kommt Ihr mit mir…heut Nacht?“ Ja er war mit mir gekommen. Ich hatte ihm die Ebenen des Schmerzes gezeigt. Die Felder der Qualen. Die Länder der Verdammnis. Die Hölle, die ach so tiefe Hölle. Tief, so tief, hatte ich ihn geführt. Sein Brustkorb war offen, ich hatte ihn über seinem Herzen aufgerissen, ein paar Rippen waren dabei gebrochen, nun konnte ich es sehen…sein Herz. Er hatte tatsächlich eines! Ein Herz, ein trotziges störrisches Ding…die Tatsache ignorierend das es zu Ende war, zu Ende, schlug es immer noch weiter…schwach…unregelmäßig zwar, doch es schlug noch, ich konnte es sehen, konnte es hören. Mein Spiel war fast zu Ende, fast. Ich hatte ihm meine Geschichte erzählt, jedes kleine grausame Detail. Hatte es ihn nachempfinden lassen, ihn fühlen lassen meine Pein, meine Verzweiflung, meine Hilflosigkeit. „Euer Gott hat kein Mitleid, er hatte mit mir und meinem Bruder keins und er hat auch mit Euch keins. Seht ihr Priester, wie er Euch allein lässt. Ihr seid ihm egal…so egal. Ihr habt ihn angefleht, habt zu ihm gebetet, in Eurer schwersten Stunde, doch er rettet Euch nicht…erlöst Euch nicht von dem…Bösen. Er weidet sich an Eurem Schmerz, an Eurem Leid, er lässt Euch brennen für Eure…Sünden. Sünden die auf Lügen gründen, LÜGEN!“ Sein Glaube bekam Risse, er…bröckelte, als sich ihm die Wahrheit offenbarte! Und es war mir nicht genug! Ich hatte ihm gezeigt, gezeigt was sein Gott mir und Alec angetan, hatte ihm Seine Schuld gezeigt, seine Sünde, seine Lügen…all die Lügen. Er war daran zerbrochen. Seine Seele war zerbrochen, sein Glauben. Zerbrochen an seiner…Schuld. Um den Tod hatte er mich angefleht, immer und immer wieder. Bis er keinen Atem mehr hatte, bis sein Atem still stand, fast ganz still. Fast, fast war mein Spiel zu Ende. Fast war es…genug. „Dein Gott ist…grausam Priester und das Leben welches er für Euch nach dem Tod bereithält wird auch grausam sein.“ Langsam griff ich in seinen Brustkorb, umschloss mit meiner Hand eine seiner Rippen. Ein seliges Lächeln umspielte meine Lippen, als mein griff fester wurde und seine Rippe mit einem Ruck herausriss. Er stöhnte auf, zuckte, doch kein Schrei kam mehr über seine leblosen Lippen. „So, so hat Adam sich gefühlt. So fühlt es sich an, Priester. Das, das ist die aller größte Sünde Deines Gottes! So.“ Ich schleuderte die Rippe achtlos in die Reihen der Kirchenbänke. Jetzt, jetzt wusste er es, wusste wie Adam und Eva…litten, jetzt wo ihm SEINE Rippe fehlte und er allein war…allein. Ich lehnte mich ganz weit zu ihm heran, so dass meine Lippen ganz dicht an seiner Wange waren, sie leicht berührten, ganz sanft streiften, als ich sprach. „Und jetzt vergebt mir meine Schuld, vergebt mir meine …Sünden.“ Ich meinte es ernst, tot ernst, als ich sprach. Absolution, Vergebung…Verständnis, ja Verständnis das wollte ich, jetzt. „Vergib mir Vater.“ Weich war meine Stimme und leise, doch waren diese letzten Worte nicht für den Priester bestimmt gewesen. Vor meinem geistigen Auge war in diesem Augenblick…am Ende… das Bild meines, unseres menschlichen Vater aufgetaucht. Ein Gespenst aus der Vergangenheit. Ich sprach zu ihm, dem Geist meines Vaters. „Ich liebe Alec, ich liebe ihn so sehr, Vater. Ich kann nicht anders. Vergib mir.“ Ohne eine Antwort, ohne Vergebung erlosch Vaters Bildnis und ich sah wieder den Priester vor mir. Sah seine glasigen Augen, von Schleiern aus Schmerz umnebelt. Sah wie sich seine Lippen bewegten…stumm bewegten, kein Laut entrang sich ihnen, selbst für meine Ohren nicht. Es war zu Ende! Es war…genug! Blut sollte nicht verschwendet werden und so neigte ich mich noch weiter nach vorne und grub meine Zähne tief in seinen Hals. Meine nackten Fußzehen berührten kaum noch den Altar, doch kippte ich nicht. Ich war im…Gleichgewicht. Sein Blut schmeckte bitter vom Schmerz, dennoch fand ich es widerlich. Ich musste mich dazu zwingen zu trinken. Er widerte mich an der Priester, alles an ihm widerte mich an, auch sein Blut. Es war zu Ende. Leblos, zerbrochen, vernichtet und blutleer hing er am Kreuz. Ich sprang vom Altar hinunter, mir war über, mein Magen drehte sich mir um. Blut war Leben, doch dieses hier war…dreckig…verseucht. In einem Schwall erbrach ich es auf die weiße Altardecke. Rot! Mit dem Handrücken wischte ich mir über den Mund. Und der Mond schien immer still durch die Fenster. So als hätte sich nichts geändert.
"Das mag ein wenig weh tun."

Ich sah mich um, während das Mondlicht die Szene in ein gespenstisches Licht tauchte. Dies hier erfüllte nicht gerade den Tatbestand eines…unauffälligen Mordes. Frustriert verzog ich den Mund. Ich würde es irgendwie vertuschen müssen, dies war eine Notwendigkeit. Doch verspürte ich keine Lust…sauber zu machen. Ich wollte, dass die andern ihn so fanden, genau so. Am Kreuz seines Gottes, vernichtet. Ich wollte, dass sie es sahen. Ich hatte keine Lust sauber zu machen, nicht mal mit…reinigendem Feuer. Ah…natürlich…es war so einfach…so simpel. Ich lächelte, lächelte ein Engelslächeln, als die Idee in meinem Kopf Gestalt annahm. Das würde Spaß machen. Langsam schritt ich zu dem Kreuz, an dem der Priester hing. Er machte nicht annähernd so eine gute Figur daran wie sein…Heiland. „Schwach und elend.“ Ich packte das Kreuz riss es aus der Wand und stellte es verkehrt herum, an die Wand gelehnt. Jetzt hing er kopfüber am Kreuz. An dem Kreuz, welches jetzt, so falsch herum, das Symbol eines anderen Gottes war…das Symbol des Satans…doch für mich…für mich war es das Gleiche. Gott und Teufel…für mich gab es keinen Unterschied. Ganz gleich wie rum man das Kreuz hängte…es war immer…falsch...immer widerlich…immer schwach. Dann widmete ich mich dem Rest, der Kirche.
Ich hatte eine kindliche Freude daran, die Wände mit satanistischen Sprüchen zu beschmieren. Ich schrieb es an die Wand, mit dem Blut des Priesters. –Gott ist tot…ich hab ihn umgebracht heut Nacht.- -Am Anfang und am Ende ist die …FINSTERNIS.- Ach dies hier war lustig. Ich stellte mir die Gesichter vor, wenn die andern ihn fanden…wenn sie es lasen, die Botschaft meiner Offenbarung! –SATAN- und –HÖLLE- schrieb ich. –Brennen, brennen sollt ihr bis in alle Ewigkeit.- Ich malte ein Pentagramm aus Blut…schrieb das Hexeneinmaleins an die Wand…dann war ich fertig, fast fertig. Ich warf das Taufbecken um und sah wie der Stein, das Fundament zerbrach. Ich schleuderte einen Sitzbank durch die bunten Glasfenster…fast schade eigentlich…das Licht hatte etwas Zauberhaftes wenn es durch die bunten Mosaikscheiben fiel…fast schade darum. Fast. Ich randalierte in der Kirche, ließ meinen Zorn an Holz und Stein aus…meinen Zorn der letzten acht Jahrhunderte. Dann wandte ich dem Gott der Christen meinen Rücken zu und verließ die Kirche auf demselben Weg, auf dem ich sie beteten hatte. Der Kerzenständer, der die Tür blockiert hatte, fiel zu Boden, die Tür ließ ich offen. Und der Mond? Der Mond schien still durch die zerborstenen Fenster, schien auf das Massaker einer einigen Nacht.
"Das mag ein wenig weh tun."

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